Sonntag, 26. Juli 2015

Nicht alles, was rentiert, ist vernünftig!

Nach etlichen Stunden Friemelei — die ingenieri in Pontedera hatten sich alle Mühe gegeben — war die Karosserie endlich teilefrei. Komisch sah sie aus, so nackt. Doch gerade im entblößten Zustand zeigt sich das raffinierte Design von Corradino d'Ascanio. Das geschwungene Beinschild, die durchdachte Form des Hinterteils – mit etwas Fantasie erkenne ich Ähnlichkeiten mit dem Körper einer Wespe. 
Sandstrahlen: wenn schon, denn schon

Anfangs wollte ich die Karosserie abschleifen. Doch schon nach wenigen Klicks durch die Foren sagte ich mir: Vergiss es. Viel zu groß der Aufwand, viel zu ungenau die Methode. Lösung des Problems: Sandstrahlen. Es ist dem Zufall zu verdanken, dass mein Bruder (13, angehender Sekundarschüler und handwerklich ein Vielfaches geschickter als ich) gerade ein altes Herrenrad zerlegt. Auch er hat Freude an alten Dingen. Und auch er stellte sich dieselbe Frage – und kam zur selben Lösung: Sandstrahlen.
Für einmal herrschte Einigkeit unter den Brüdern, wir fuhren nach Rhäzüns. Zur Pulverbeschichtung Diener AG.

Herr Diener lächelte müde beim Anblick der Blechteile. »Öfters« werde er von »Bastlern« aufgesucht (er hob die Brauen). Er gebe ihnen jeweils einen einfachen Rat: »Gehen Sie zu Vespa Sinatra nach Domat/Ems, der hat den Laden gestopft voll mit Vespen. Kaufen Sie eine für 3000, dann ist gut.« Ja ja, dachte ich mir. Der Weg ist das Ziel. Umso mehr auf einem maximal 90 Kilometer schnellen und eigentlich nicht in unsere Zeit passenden Gefährt. Aber dazu später mehr.
Ich ließ mich nicht entmutigen und gab eine Sandstrahlung für 250.- in Auftrag.

»Die Neuen sind keine gute Geldanlage«


Auf dem Rückweg von Rhäzüns machte ich noch bei der Garage Sinatra in Domat/Ems halt. Sinatra (ja, er heißt wirklich so) ist d e r Vespa-Händler im Kanton. Ich schaute mich ein wenig um, Herr Diener hatte recht behalten: Die ganze Bude war vollgestopft mit Vespen, Apes und allerlei Raritäten. Ich erklärte dem Chef, Toni Sinatra, mein Problem. Sandstrahlen, neu lackieren und wieder zusammensetzen? »Das lohnt sich nie«, meinte er und schüttelte den Kopf. Aha. Wann lohnt es sich denn, fragte ich ungeduldig. »Bei den alten, den Primaveras, den 50ern. Die sind gefragt, weil sie nicht mehr hergestellt werden. Das ist eine gute Geldanlage. Wenn man die einmal restauriert hat, kann man sie für 6000, 7000 oder noch mehr Franken verkaufen.« Er riet mir, eine neue Serien-PX zu kaufen. »Der Euro ist so tief, da kriegen Sie sie für weniger als 4500 Franken. Neu.« Ich bedankte mich für die Auskunft, warf dem Franky-Sinatra-Plakat an der Garagenwand einen letzten Blick zu und fuhr enttäuscht nach Hause. Nicht alles, was rentiert, ist vernünftig. Ihr werdet schon sehen. 

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